Abenteuer auf dem platten Lande
Vor ein paar Wochen, während ich im Urlaub weilte, erreichte mich folgende SMS von Oli: „Halt dir mal den 25.07. frei – Open Air in Stollhamm.“ Aha! Cool ein Open Air! Und er hatte nicht gelogen, es fand an der frischen Luft statt, war aber eigentlich ein Fussballturnier und wir sollten die musikalische Attraktion nach der Siegerehrung sein. Wir waren auch die einzige Band des Abends, was uns natürlich Gegenheit geben sollte, ein weitaus längeres Set als üblich zu spielen.
Aber von vorne. Die erste (erstaunliche) Erkenntnis des Tages war, dass wir alle 5 plus annähernd das komplette Equipment inkl. Schlagzeug in Maddins und Thomas´ Autos passen. Sehr praktisch, zumal uns gesagt worden war, dass das, was an Technik vor Ort wäre, sich auf ein Mischpult und fließend Strom beschränkte. Aber wir sind ja grundsätzlich für jeden Unsinn offen, also rauf auf die Autobahn und mal schauen, was so passiert!
Auf dem Sportplatz in Stollhamm angekommen, begrüßte uns Olis Schwester Nicola netterweise mit eisgekühltem Bex und das flache Land mit einer lattensteifen Brise in Richtung Bühne. Diese war ein LKW-Trailer, den man zum Glück zuziehen konnte, denn das Wetter war nicht 100%ig beständig.
Das nächste, was uns auffiel, war, dass die Polizei vor Ort war und zwei Menschen in schlammverschmierten Fussballtrikots drauf und dran waren, sich gegenseitig die Fresse zu polieren. Stein des Anstoßes waren ein paar geklaute Fussballschuhe. Der Beschuldigte stritt alles ab, konnte aber auch nicht erklären, wieso seine Schuhe ihm ganz offensichtlich drei Nummern zu groß waren. In der Sporttasche des Verdächtigen fanden sich weitere fünf bis sechs paar Schuhe, das muss alles irgendwie ein riesen Missverständnis gewesen sein…
Nach diesem kleinen Zwischenspiel begannen wir, den Trailer mit unseren akustischen Spezialgeräten auszustatten und um etwa 19 Uhr konnten wir dann loslegen. Direkt vor der Bühne fanden sich nur sporadisch Leute ein, die meisten hielten einen gewissen Sicherheitsabstand und hatten Glück, dass sich die einzige Bier- und Würstchenbude noch innerhalb dieser Zone befand. Das Publikum war jedoch ganz und gar nicht unaufmerksam, was wir spätestens an den anschließenden Merchverkäufen bestätigt sahen. Und das kam auch während des Gigs irgendwie rüber, der Funke war da, wir haben nicht ins leere gespielt.
Und wir haben viel gespielt, ich glaube 17 oder 18 Stücke, wobei wir zwischendurch immer wieder besondere Einlagen brachten, wie „Schick mich von dich ein Foto“ oder das „Doug & Carrie-Lied“, welches wir mit unterschiedlichen, spontan gewählten Textbausteinen versahen und so zum Beispiel den Letztplatzierten des Fussballturniers, den „Chuck Norris Allstars“ sogar noch eine entsprechende Würdigung zukommen ließen.
Einer der Jungs durfte mir sogar beim Singen helfen und gab verschiedene Gesangseinlagen auf „Schmiddisch“ zum Besten, was für Erheiterung und lächendes Kopfschütteln sorgte. Nach einer gewissen Zeit entschied ich mich jedoch, den (fast gar nicht angetrunkenen) jungen Mann höflich von der Bühne zu bugsieren, da er sich anschickte, aus unserem Konzert eine Open-Mike-Veranstaltung zu machen und irgendwie den Eindruck machte, er hätte sein Repertoire noch lange nicht ausgeschöpft… haha!
Nachdem wir dann die Instrumente niedergelegt hatten, konnten wir erstaunlich viel CDs und Shirts unters Volk bringen, was wir nicht zuletzt Steven zu verdanken haben, der marktschreier-technisch richtig in Fahrt kommen kann, wenn der Pegel stimmt!
Nun war es trotz unserer XXL-Setlist ja noch recht früh am Abend und so haben wir uns ausgiebig unter die netten Leuten gemischt und die eine oder andere Flasche Bier vernichtet. In der Zwischenzeit diskutierten zwei verschiedene Fraktionen, ob wir dann demnächst noch ins „Eldo“ nach Nordenhamm oder auf irgendeine Art Wiesenfest fahren sollten. Während wir die Planung unseres weiteren kurzfristigen Schicksals gerne anderen überließen, bauten wir (unter tatkräftiger Mithilfe vieler Anwesender) unseren Kram ab und brachten ihn ins Vereinsheim, bespuckten uns gegenseitig mit zerkauten Toast oder ließen uns zu einer Art flüssigem Wackelpudding aus Schnapsgläsern einladen.
Irgendwann kam dann ein Großraumtaxi, welches uns und drei Fans in besagtes „Eldorado“ in Nordenhamm transportierte. Dies stellte sich als nettes Szenelokal für einheimische Metal-Fans heraus oder vielmehr DAS Szenelokal der Umgebung. Das Beste daran: Hier kriegt man ein kaltes Flaschbier für 1,40 Euro, unglaublich! Wir können uns jedenfalls durchaus vorstellen, in dem Laden mal ein Auftritt zu absolvieren. Und Verhandlungen um einen Platz auf dem nächsten Fonstock-Festival haben wir dort auch aufgenommen.
Back in Stollhamm erwartete uns eine Turnhalle, in der wir uns alsbald auf der Bühne zur Ruhe legten. Randnotiz hierzu: Steven beschwerte sich am nächsten Morgen, dass Oli mitten in der Nacht seinen Schlafsack öffnete um aufzustehen, wobei sich seine gesammelten Fürze befreien konnten und noch eine ganze Weile über Stevens Schlafplatz verharrten, bevor sie in Richtung Decke zogen.
Epilog: the morning after
8:57 Uhr. Ich kann nicht mehr pennen. Ich stehe auf und suche meine Hose und meine Kontaktlinsen. Ich sehe allerdings nicht viel, weil ich meine Brille vorsichtshalber zu Hause vergessen habe. Gerade mache ich meine Hose zu, da kommt eine ältere Frau hinein: „Was ist hier denn los????“
„Ääh… wir sind hier einquartiert worden, wieso?“
Es stellt sich heraus, dass die Gute um 9:00 Uhr hier eine Probe mit kleinen Kinder für irgendeine Tiershow oder sowas hat. Da meldet sich Martin aus seinem Schlafsack: „Ja und? Das ist doch erst in EINER MINUTE…!“
Also stehen wir alle auf, derweil kommen weitere Frauen und auch Kinder herein. Wer uns denn bloß den Schlüssel gegeben hätte?! Wieso wir gerade auf der Bühne geschlafen hätten?! Wer das denn bezahlen solle, wenn das was wegkommt von den ganzen teuren Sachen?! – Nun ja, es waren weder irgendwelche Sachen auf der Bühne, noch haben wir welche geklaut oder kaputtgemacht, aber wahrscheinlich kriegt Volker (Veranstalter) jetzt noch einen ordentlichen Einlauf dafür, haha!
Kurze Zeit später: Nicola und Frank bringen Frühstück: Brötchen, Kaffee, Sucuk, 2006er-Traubensaft, …vollgeil! Vielen Dank dafür!
Fazit: Das hat einen riesen Spass gemacht, danke an alle, die sich um uns gekümmert haben, unseren Gig genossen und mit uns Bier getrunken haben!
Setlist Stollhamm:
Love dont rule me
Devourer
The mighty
Nightline
Endeavor
Hannibal
Fire
Neon Rain
Forged anew
Nefer
Failing
Orion
Refuse Resist
Abdes pantera
Blood Dance
Orientel temple
Endless stream
The one thing
Pussy express